Mit der Erde verbunden

Sabine Marina • 16. April 2024

Mit der Erde verbunden

Die Sonne blinzelt durch die Zweige, während ich mich in eine Decke gehüllt an ihrer Wärme erfreue. Eine Stunde zuvor hat mein Körper seine erste ayurvedische Ölmassage erhalten. Nach den hektischen letzten Tagen spüre ich jetzt erst die Anspannung, unter der ich gestanden haben muss. Auf dem kleinen Holztisch vor mir steht eine dampfende Schale mit frischgekochtem Hafer-Dinkelporridge und gedünstetem Apfel. Es verbreitet seinen wohligen Geruch aus Ghee, Kardamom, Zimt und Kokos.

Eine Welle der Dankbarkeit durchfließt mein Bewusstsein. Dankbarkeit für diesen Moment. Diese Zeit für mich, die Ruhe, die Sonne, die klare Luft - und für dieses kraftversprechende Porridge vor mir. Ich nehme die warme Schale in beide Hände und verweile in dieser Dankbarkeit. Mein Blick fällt auf die Wiese vor mir, auf die Grashalme, die aus der Erde sprießen, die Gänseblümchen und Löwenzahn-Blüten. Und plötzlich wird mir zum ersten Mal klar, dass mein Porridge auch aus dieser Erde gewachsen ist. Jede einzelne Zutat war irgendwann einmal Erde. Und wird jetzt ein Teil meines Körpers.

Mit jedem Löffel des warmen Frühstücks spüre ich, wie sich mein Körper freut. „Ja,“ ruft er mir zu, „das ist etwas, was mich nährt. Danke!“ Es ist wie ein Leuchten, das aus dem Bauch emporsteigt.

Es ist dieser schlichte Moment, in dem ich erlebe, dass Nahrung mehr als nur Essen ist. In diesem Moment ist mir klar geworden, wie eng unser Körper, jede Zelle, mit der Erde verbunden ist und mit allem, was auf sie einwirkt. Und welch' Wunder und welch' Geschenk es ist, dass wir mit all diesen Nahrungsmitteln kreativ sein dürfen. Das hat meinen Umgang mit Nahrung komplett verändert.

Essen und das Thema Ernährung hat heutzutage viele unterschiedliche Richtungen, Glaubenssätze und Diskussionen ausgeprägt. Es ist ein Feld, in dem ich viel Angriff und Verteidigung beobachte. Irgendwie logisch, Nahrung ist eine Sache des Überlebens. Und so war es für mich auch die Jahre, bevor mir eine neue Perspektive durch das Ayurveda begegnete. Ich aß, was mir schmeckte, und mit was ich aufgewachsen war oder was mir durch andere Kulturen begegnete und in den Rahmen meiner Prägungen passte. Essen war entweder etwas, um sich mit dem Genuss einmal nicht dem Alltag widmen zu müssen oder etwas, das schnell schnell nebenbei passieren musste, weil der Alltag keinen Raum dafür zu ließ.

In der Beschäftigung mit den ayurvedischen Schriften stolperte ich dann eines Tages über die verschiedenen Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit Nahrung in seiner Gänze vom Körper empfangen werden kann. Sie bauen sich stufenweise auf und jedes Höhere in der Hierarchie löscht die darunterliegenden Aspekte aus, wenn es nicht erfüllt ist. Das heißt zum Beispiel: Ich kann Nahrung von höchster Qualität verarbeiten – wenn ich sie falsch zubereite, kann der Körper diese Qualität nicht empfangen.

Was mich zutiefst berührt hat und was ich sofort durch eigene Erfahrung bestätigen konnte: In der Hierarchie ganz oben steht die innere Haltung, mit der wir Nahrung aufnehmen. Wir können also noch so toll, hochwertig und auf den Punkt für uns gekocht haben: Wenn wir nicht in Gewahrsein und Dankbarkeit essen, kann der Körper das ganze Potential dieser Mahlzeit nicht empfangen.

Nahrung ist pure Liebe von unserer Pachamama. Sie ist es, die für uns sorgt. Das möchte ich mir vor jeder Mahlzeit bewusst machen. Und dabei ist erst einmal egal, ob ich einer bestimmten Art der Ernährung folge oder nicht. Nahrung ist ein Geschenk für uns. Die Natur schenkt uns das Wunder aus Erde Nahrung erwachsen zu lassen. Und wenn wir dieses Wunder erkennen und ehren, muss man uns nicht mehr erzählen, respektvoll mit ihr umzugehen. Das geschieht ganz automatisch. Mutter Erde schenkt und schenkt – so lange sie kann.

Sabine Marina

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